Aufbruch aus den Mauern

Szerző: Gregor Gysi
2018.04.04. 08:15

Aufbruch aus den Mauern

Wir – und unsere LeserInnen – würden gerne wissen, was deutsche Influencer über die ungarische Parlamentswahl denken. Was für eine ungarische Regierung würde im Interesse Deutschlands stehen? Und im Interesse der EU? Welche ist die schlimmste Möglichkeit? Wie ist das Ansehen Viktor Orbáns? Tut dem Image Ungarns diese Regierung, dieser Ministerpräsident gut? Ist es überhaupt wichtig, über das Image eines Landes zu reden, statt über dessen Interessen? 

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Am 8. April 2018 wird Europa mit Spannung nach Ungarn schauen. Bei der Parlamentswahl wird sich zeigen, ob die Politik des nationalen Egoismus der Regierung Orbán eine Fortsetzung erfährt oder es einen Aufbruch im Zeichen europäischer Solidarität und Humanität gibt.

Die unbarmherzige Haltung der Regierung Orbán in der Migrationsfrage, obwohl doch viele Ungarinnen und Ungarn selbst ins Ausland migrieren, ihr fragwürdiger Umgang mit regierungskritischen Bewegungen und Organisationen, wo eine Verbindung zu George Soros reicht, um verfemt zu werden, und

der rigorose Kurs gegen Minderheiten im Land haben nicht nur extrem-nationalistische Kräfte in Ungarn stark gemacht, sondern sind schlicht unvereinbar mit der Idee eines friedlichen Europa.

Ungarn, das in Zeiten der Blockkonfrontation von den Bürgerinnen und Bürgern des Ost-Blocks als relativ offenes, weniger doktrinäres Land geschätzt wurde und den Eisernen Zaun zwischen Ost und West zerschnitten hat, ist unter Viktor Orbán zu einem Land geworden, das neue Mauern baut und eine lebendige Demokratie im Innern zu ersticken droht. Ostdeutsche, die früher in Ungarn Bücher aus westdeutschen Verlagen gekauft haben, die in ihrem Land auf dem Index standen, müssen nun zur Kenntnis nehmen, wie versucht wird, Medien gleichzuschalten und Justiz, Verwaltung, Rundfunk und Fernsehen unter den direkten Einfluss der regierenden Partei zu stellen.

Dass der radikale Nationalismus, den Orban und seine Anhängerinnen und Anhänger predigen und praktizieren, sogar dazu führt, dass für Männer wie Miklós Horthy, die Ungarn in den dunkelsten Zeiten Europas an die Seite von Hitler-Deutschland stellten, wieder Denkmale gebaut werden, sorgt für eine schwere Schädigung des internationalen Images Ungarns. Da hilft es auch wenig, dass Viktor Orban sich als Vorreiter einer Entwicklung geriert, die in Europa um sich greift und in den USA mit Trump die Präsidentschaft errungen hat.

Eine Welt, die von extremen nationalen Egoisten in bedeutenden Ländern beherrscht wird, kann ihre Probleme nicht lösen. Längst ist die soziale Frage zu einer weltweiten Frage geworden, die im Schatten von neuen Mauern nicht beantwortet werden kann.

Die überraschende Niederlage der Fidesz-Partei von Ministerpräsident Orbán bei der Bürgermeisterwahl in der südöstlichen Kleinstadt Hódmezővásárhely zeigt jedoch, dass der Fidesz-Machtblock nicht unerschütterlich ist und die Unzufriedenheit mit Orbáns Regime wächst.

Mit einem Kurs der nationalen Abschottung wird Ungarn auf Dauer weder der entfesselten neoliberalen Globalisierung die Stirn bieten noch die Chancen der europäischen Integration nutzen können. Die Politik der Regierung Orbán verbaut der Jugend im Land zum Beispiel durch die Rückzahlungspflicht von Studienkosten, sobald man im Ausland arbeitet, die Möglichkeit, Europa selbst erleben und mitprägen zu können, und setzt das Land dem Risiko aus, über kurz oder lang der europäischen Unterstützung verlustig zu gehen.

Europa kann als Einbahnstraße nicht funktionieren.

Den Ungarinnen und Ungarn ist deshalb der Mut zu wünschen, die Vetternwirtschaft des Systems Orbán, die zum Beispiel Orbáns Schwiegersohn zu einem reichen Mann gemacht hat, zu beenden und ihrem Land zu helfen, aus den Mauern nationalistischer Selbstgefälligkeit auszubrechen.

Gregor Gysi ist Mitglied des Deutschen Bundestages, war langjähriger Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE und ist seit 2016 Präsident der Europäischen Linken.

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